Das Vermächtnis der Nazis im Nahen Osten

Einigen Arabern und ihren Deutschen Verbündeten ging es um die Auslöschung der Juden. Im Nazi-Radio: Der Mufti von Jerusalem, Mohammed Amin al-Husseini, ein Vorbild Jassir Arafats.

Täglich judenfeindliche Parolen im Äther über Nordafrika und dem Nahen Osten: Im April 1939 startet die “Orient-Redaktion” im Auftrag der Nationalsozialisten. Sie nutzt den Deutschen Kurzwellensender, um Propaganda im arabischen Raum zu verbreiten, wobei der Koran selektiv interpretiert wird, eine Tradition die bis heute fortdauert.

“Die Nazis haben alles weggelassen, was pro-jüdisch ist, und haben den Koran genommen, als sei es ein antisemitisches Buch. Das war natürlich ein Betrug. Aber wenn so ein Betrug sechs Jahre lang ununterbrochen per Radio weiterverbreitet wird, dann verändert es das Bild des Juden in der ganzen Region.” (1)

 

Der Mufti von Jerusalem, Mohammed Amin al-Husseini unterstützte seit 1933 das NS-Regime und arbeitete ab 1937 aktiv mit ihm zusammen. Ab Oktober 1941 lebte er in Deutschland, verbreitete dort NS-Propaganda per Kurzwelle im arabischen Raum und rekrutierte Muslime für die Waffen-SS.

7. Juli 1942. Der deutsche Auslandsrundfunk ruft zum Dschihad auf – Höhepunkt der groß angelegten Hetzkampagne auf Arabisch und Persisch.

„Sie waren, wie die Nazis gesagt haben, Judengegner. Sie waren gegen die Demokratie. Sie waren gegen eine pluralistische Gesellschaft. Sie waren für Ordnung und Stärke auch. Sie haben ein ganz traditionelles Verständnis von Männern und Frauen. Die Botschaft war, dass die Verbindung zwischen nationalsozialistischem Deutschland und den Arabern war nicht nur ein instrumentaler Bund, das war nicht nur: Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Es war viel weiter. Es gab eine ideologische Gemeinsamkeit.“ (2)

„Nach dem Krieg, in 46, 47, gab es eine antisemitische Welle im Nahen Osten. Und die Muslimenbruderschaft in Ägypten war sehr aktiv. Die Argumente gegen die Juden in der Muslimenbruderschaft waren ähnlich zu was man über das Radio während des Krieges hören konnte.“ (2)

 

Nach Kriegsende wurde al-Husseini als Kriegsverbrecher verhaftet, erhielt 1946 jedoch Asyl in Ägypten, wo er den Palästinakrieg von 1948 gegen Israel förderte. Nach der Niederlage verlor er seine Führungsrolle, blieb aber ein prägendes Vorbild für Jassir Arafat und beeinflusste indirekt auch die Ideologie der Hamas.

Arafat nannte al-Husseini noch 2002, (also 7 Jahre nach dem Oslo II. Abkommen), in einem Interview „unseren Helden“, den die Westmächte „als einen Verbündeten der Nazis betrachteten“ und vergeblich loszuwerden versucht hätten. Der Mufti habe 1948 gegen Israel gekämpft, „und ich war einer seiner Soldaten“. Diesem Selbstverständnis gemäß behielt Arafat das Ziel eines judenfreien Gesamtpalästinas bei. (3)

 

(1) Matthias Küntzel, Historiker und Experte für islamischen Antisemitismus im Gespräch mit dem WDR, https://www1.wdr.de/mediathek/audio/zeitzeichen/audio-radioprogramm-der-nazis-fuer-den-arabischen-raum-100.html)

(2) Jeffrey Herf, Universität Maryland https://www.deutschlandfunkkultur.de/nazi-propaganda-auf-arabisch-100.html

(3) Tilman Tarach: Der ewige Sündenbock. Berlin 2016, S. 95–100

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